Vielseitiger als gedacht: jedem seine Nana!
Du meine Güte, sie ist am 13. Oktober fünfundsiebzig geworden! Und ich habe es leider nicht geschafft, ihr rechtzeitig einen Mensch des Monats-Artikel zu widmen. Dabei hat sie es sich auf jeden Fall redlich verdient, dass sich endlich mal ein kleiner Teddybär liebevoll um sie kümmert. Denn Nana Mouskouri ist so unendlich viel mehr als nur die Weiße Rosen aus Athen-Sängerin. Mit weit über 250 Millionen verkauften Tonträgern gilt sie nach Madonna als erfolgreichste Sängerin aller Zeiten. Seit 1958 hat Nana Mouskouri mehr als 1.550 Titel aufgenommen, in sehr vielen verschiedenen Sprachen und in größter musikalischer Vielseitigkeit. Seit langer Zeit kennt man sie auf der ganzen Welt, wenn schon nicht bei ihrem Namen, dann wenigstens an ihrer schwarz gerahmten Brille und ihren langen schwarzen Haaren. Und natürlich an ihrer einzigartigen Stimme!
Nana Mouskouri (in griechischen Lettern Νάνα Μούσχουρη, Betonung also auf der ersten Silbe) ist am 13. Oktober 1934 in der kretischen Hafenstadt Chania zur Welt gekommen. Das klingt vielleicht romantisch, war es aber nicht: Nana wurde in eine bettelarme und zerrüttete Familie mit spielsüchtigem Vater hineingeboren. Zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Jenny erlebte sie Hungerjahre, die grausamen Zeiten der Besetzung ihrer Heimat durch die deutsche Wehrmacht (1941 bis 1944) und den griechischen Bürgerkrieg (bis 1949). Ihr Vater arbeitete als Filmvorführer, und aus den Schattenseiten ihres Daseins fantasierte sich die kleine Nana in schönere Welten. Etwa ins Märchenland des Zauberes von Oz, in dem Judy Garland Over the Rainbow singt, Ihr wisst schon: Irgendwo über dem Regenbogen …
Mit fünfzehn Jahren begann Nana am Hellenischen Konservatorium in Athen ihr acht Jahre währendes Studium in klassischem Gesang, Klavier und Harmonielehre. Seit dieser Zeit interessierte sie sich auch – Überraschung!? – für Jazz. Sie jazzte sich durch erste Auftritte und musste deswegen das konservative Konservatorium ohne Abschluss verlassen. Nana jazzte eifrig weiter, doch die Anfänge mit Folklore und eben Jazz waren schwer. Eine Erinnerung, entnommen der Frankfurter Rundschau: „‚Was für eine Katastrophe!‘, rief der Organisator aus, als eine stark übergewichtige Brünette im unförmigen Kleid und mit großer, getönter Schmetterlingsbrille auf der Nase am 4. Juli 1957 vor dem Hafen von Piräus den US-amerikanischen Flugzeugträger ‚Forrestal‘ betrat, um zum Nationalfeiertag zu singen. Während sie kristallklar Jazz-Klassiker von Ella Fitzgerald oder auch Nat King Cole intonierte, vergaß die schüchterne 22-Jährige ihr Äußeres und fühlte sich, als sänge allein ihre Seele. Am Ende jubelten die Ehrengäste sowie 4.000 Marinesoldaten, von denen viele ihre Mütze schwenkten.“ Da wär Euer Bryan als Marinebär gern dabei gewesen!
1958 wurde Nana Mouskouri singendes Mitglied des damaligen Jazzquartetts „The Athenians“. Wenig später lernte sie den Komponisten Manos Hadjidakis (der übrigens auch im künstlerischen Leben von Melina Mercouri eine große Rolle spielte) kennen. Mit Hadjidakis’ Liedern gelang ihr der – was für ein seltsames Wort! – Durchbruch. So fulminant wie sie ist jedenfalls kaum jemand durchgebrochen: In Griechenland war sie seit 1959 ein Star, 1960 gewann sie in Barcelona ihren ersten internationalen Preis, und 1961 blühten dann die schon erwähnten Weißen Rosen aus Athen. Von diesen weißen Rosen wurden innerhalb der ersten sechs Monate über 1,5 Millionen Stück verkauft: Das duftet aber schön! Dass sich anfangs die Plattenfirma weigerte, das Cover der Single mit ihrem Portrait zu schmücken (siehe Foto unten rechts, mit herzlichem Dank an Hans-Jürgen Finger), hat Nana sehr verletzt. Doch Westdeutschland hatte einen (echten) „Superstar“ gefunden!
Quincy Jones und Harry Belafonte machten Nana Mouskouri bald darauf auch in den USA bekannt, und ihre weiteren Erfolge sind Legende. Ihr Repertoire umfasst unter anderem Schlager, Chansons, Volkslieder, Jazz, Swing, Arien und Kunstlieder. Nana wird von vielen Kollegen sehr geschätzt, neben den gerade genannten etwa von Bob Dylan und Leonard Cohen. Nana Mouskouri ist eben viel mehr als gedacht! Inzwischen nennt sie rund 300 Goldene, Platin- und Diamantene Schallplatten ihr Eigen. Während ihrer Karriere gönnte sie sich übrigens nie eine längere Pause, und so standen Jahr für Jahr neue Aufnahmen im Plattenregal. Wenn Ihr ein bisschen Probe hören wollt: 2004 erschien in Frankreich die CD-Buch-Box Collection mit ihren französischen Aufnahmen und zahlreichen Bonustiteln auf 34 CDs, 2005 in Großbritannien die CD-Buch-Box Collection. Complete English Works mit 17 CDs. Mit einer der größten Abschiedstourneen der Weltgeschichte reiste Nana Mouskouri von 2004 bis 2008 rund um den Globus. Die Tournee endete am 23. Juli 2008 in Athen, dort wo alles einst begann. Allerdings will Nana für einzelne Konzerte weiterhin die Bühne betreten.
Ihr wisst, ich stöbere nicht so gerne im Privatleben meiner Menschen des Monats herum. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr aber Nanas Memoiren lesen. Die sind im Oktober 2008 endlich auch in deutscher Sprache erschienen und heißen Nana Mouskouri. Stimme der Sehnsucht – Meine Erinnerungen. Hier nur so viel Privates: Ende 1960 heiratete Nana Mouskouri den Kapellmeister, Komponisten und Gitarristen ihres langjährigen Begleitorchesters, Georgios Petsilas. Oder wohl richtiger gesagt: Er heiratete sie und musste sich fortan mit dem Freiheitsdrang einer Ausnahmekünstlerin auseinandersetzen. Aus dieser 1976 geschiedenen Ehe hat Nana zwei Kinder: Ihr Sohn Nicolas kam 1968, ihre Tochter Hélène 1970 auf die Welt. Seit Januar 2003 ist die Mouskouri mit dem Musikproduzenten André Chapelle verheiratet, der bereits zuvor rund dreißig Jahre lang ihr Lebensgefährte gewesen war. Sie lebt wohl noch immer abwechselnd in Genf und Paris.
Seit 1993 ist Nana Mouskouri auch als UNICEF-Sonderbeauftrage in der ganzen Welt unterwegs. Von 1994 bis 1999 saß sie als Abgeordnete für die griechischen Christdemokraten im Europäischen Parlament, lehnte eine zweite Amtszeit aber ab, da sich im Europaparlament „alles um Machterhalt und Parteipolitik drehe, Wahrheit und Freiheit zu kurz kämen“ (ein Zitat aus wikipedia.de). Wenn ich die Nana bei Interviews im deutschen Fernsehen sehe, bin ich immer wieder begeistert über ihre nette Ausstrahlung. Sie kennt keine Allüren und macht keine Zicken, ist vielmehr ein warmherziger und freundlicher Mensch. Und sie radebrecht geradezu hinreißend – ich als Teddy verstehe da manchmal wohl mehr, als sie gerade gesagt hat.
Wie Ihr vielleicht gelesen habt, kam ja mein geliebter Lebensbär Prinzchen zu seinem Namen, als er ausgerechnet bei Nanas Interpretation des deutschen Wiegenliedes Schlafe, mein Prinzchen vom Hocker fiel. Ehrlich gesagt gibt es wirklich einige Lieder von ihr, bei denen ich grün anlaufe. Auch Bärli meint, bei manchem Nana-Mouskouri-Lied käme ihm „die Qualle hoch“ (aber Bärli sang ja früher auch inbrünstig „Weiße Hosen aus Athen“ und „Ein Riff wird kommen“ …). Doch welche ihrer Lieder will ich Euch nun ans Herz legen? Mir fallen da auf Anhieb nur etwa fünfundsiebzig (!) ein … Vor der offiziellen Bekanntgabe noch dieser wichtige Hinweis: Viele ihrer Lieder hat Nana Mouskouri in verschiedenen Sprachen gesungen. Da fällt es dann schon auf, wenn die Weißen Rosen in Frankreich von der Insel Korfu stammen: Roses blanches de Corfou! Das finde ich viel romantischer, und speziell beim direkten Vergleichstest gewinnt in meinen Ohren tatsächlich meist die fremdsprachige vor der Deutsch gesungenen Aufnahme (der lektorierende Papi möge mir das verzeihen …). Vergleicht ruhig mal selbst, etwa das Chanson Er ist lang her mit der französischen Version Il est passé.
Kommen wir nun zum schwierigeren Teil: So unverwechselbar ihre glockenhelle Sopranstimme auch viele Jahrzehnte lang war, so manche Glocke ging schon in die Brüche. Will sagen, es gibt Aufnahmen von ihr aus den letzten Jahren, da klingt ihre Stimme viel zu hoch und sehr, sehr brüchig. Das betrübt mich und den Papi sehr!
Euer Bryan schmilzt aber natürlich nicht nur bei Il est passé dahin (ein Textauszug, nun doch lieber auf Deutsch: „Er ist lang her, meine Zeit ist gereift; doch er hat mehr als mein Leben nur gestreift“). Mein kleines Bärenherz empfiehlt Euch also Le temps qu’il nous reste, Only Time Will Tell und I Don’t Want to Say Goodbye, Recuerdos de la Alhambra und Amapola, Casta diva und Una furtiva lagrima, Hartino to fengaraki und Kokkino garifalo, Der Wind in den Haaren und Insel der verlorenen Liebe. Und seufz, es gibt noch so viele andere wunderbare Aufnahmen mit Nana Mouskouri. Mögen viele ihrer Lieder auch Eure Herzen berühren!
Bildhinweis: Die verwendeten Fremdfotos stammen von www.lastfm.de (Bilder 1, 3, 7), von Hans-Jürgen Finger (Bild 4) und von unbekannt (Bild 5).