Bärli WortklauBÄR

Pferdeboxen à la Bärli

Es gab eine Zeit, als mein Freund Bärli noch ganz neu bei uns war. Fleißig übte er das Lesen und marschierte zur Entspannung wohl des Öfteren allein durch die oberbayerische Landschaft. Eines Tages sah er vor einem kleinen Dorf ein großes Schild. Das hat ihn mächtig beschäftigt.

Eine nachgestellte Szene! Näheres im Nachtrag.

Er stürmte sofort auf das angrenzende Gehöft und wollte unbedingt „den Chef“ sprechen. Ja, und dann hat Bärli sehr geschimpft: Wie es denn sein könne, dass ein bayerischer Bauer Pferde gegeneinander boxen lasse, und das auch noch bei kostenlosem Eintritt! Schon Pferderennen seien furchtbar, aber Pferdeboxen erst recht. So etwas dürfe nicht sein. Die Menschen seien verroht, die Pferde bedroht, und so weiter, und so fort. Er als friedlicher Bär könne da keinesfalls tatenlos zusehen … Sehr freundlich erklärte man ihm, was es mit dem Schild auf sich habe. Und Bärli meinte nur: „Dürfte ich mal eben kurz im Erdboden versinken?“

Ich werde den Bärli immer in Schutz nehmen. Auch wenn bei ihm so manches schiefgeht. Denn Bärli hat sein Herz genau am richtigen Fleck! Und außer Pferdeboxen gibt es noch viele andere missverständliche Worte in Eurem Sprachschatz.

Denkt nur mal an die Denkpause. Woher soll Euer Bryan wissen, ob Ihr grad eine Pause zum Denken oder aber eine Pause vom Denken meint? Natürlich ist mir klar, dass ein Schmerzmittel hoffentlich gegen Schmerzen wirkt und der Hustensaft gegen den Husten. Bei den Worten Geldmittel und Fleischsaft ist Eure Logik offensichtlich eine andere. Nun fällt mir grad das Wort Nestflüchter ein. Aber woher kann ich denn wissen, ob da jemand ins Nest hinein oder aber aus dem Nest hinaus flüchtet?!

Für mich sind so viele Wörter mehrdeutig und viele Begriffe schief. Das fängt schon bei der Tür an! So sagte der „Schimanski“-Schauspieler Götz George vor Jahren anlässlich eines runden Geburtstages: „Ich springe immer noch durch Türen.“ Woraufhin der Papi in seiner Laudatio meinte: „Nun, wenigstens am Geburtstag machen wir sie vorher auf!“ Zwei Monate später ging der Papi dann zur Stimmabgabe, sogar zweimal. Danach sprach er aber immer noch, zum Beispiel: „Ich hatte heut einen Platten.“ Da meinte er eigentlich, dass sein Fahrrad beziehungsweise er eine Reifenpanne hatte. Andererseits ist bei ihm auch manchmal die Luft raus, ohne dass er was von Platten sagt. Der Papi nennt das dann Sendepause! Und ich brauch’ die erwähnte Denkpause.

Jedenfalls ist mir viel lieber, wenn der gesamte Papi aufgekratzt ist und nicht nur seine Knie. Eines der vielfältigsten Worte dürfte freilich verfallen sein: Ein Bauwerk kann verfallen, ebenso ein Mensch, ein Teddy, eine Autorität, ein Reich, eine Eintrittskarte, eine Banknote, ein Medikament, ein Lebensmittel und vieles mehr. Wir alle können unter anderem in Ratlosigkeit verfallen, in Schweigen, Zweifel, Wut, Schlummer und in alte Fehler. Ein Pferd kann in Trab verfallen, der Serafino in seinen österreichischen Dialekt. Nicht zuletzt könnte ich auf eine abwegige Idee verfallen, niemals allerdings dem Alkohol, den Verlockungen der Großstadt oder gar auf teuflische Pläne. Doch die Hauptsache ist: Ich bin dem Prinzchen verfallen!

Ein gefundenes Fressen, jedenfalls für Bärli. Weiteres im letzten Absatz.

Neulich waren wir mit dem Papi in München-Riem unterwegs. Als wir wegen eiliger Post einen Briefkasten suchten, schlug Bärlis große Stunde. Mit weit ausgestreckten Armen deutete er auf ein paar riesige beschriftete Stahlträger vor uns: „Das geht doch garantiert ganz schnell. Die hier in Riem haben tatsächlich einen eigenen Umschlagbahnhof! Da können wir unsere Briefumschläge sicher gleich aufgeben.“ … Übrigens hat Bärli eine Lieblingsampel hier in der Nähe. Er sorgt dort an manchen Tagen für einiges Aufsehen. Dabei befolgt er als netter Teddy einfach nur die Worte auf dem rechts abgebildeten Schild. Die Fußgänger jedoch wundern sich meistens, wenn sie an der Ampel stehen und plötzlich von einem kleinen Teddy gedrückt werden!

Nachtrag: Kürzlich fand der Papi endlich ein ähnliches Schild wie im ersten Absatz beschrieben. Natürlich fuhr er mit dem Bärli abends hin. Zwei Tage später meldete die Heimatzeitung: „Gottlob glimpflich verlief am Dienstag der Zusammenstoß zweier Autos zwischen Perchting und Drößling im Landkreis Starnberg. Zwei entgegenkommende Fahrzeuge waren in den Abendstunden seitlich zusammengeprallt. Beide Fahrer gaben der Polizei gegenüber an, durch einen Fahrrad fahrenden Teddybären völlig aus der Fassung gebracht worden zu sein. Der als Zeuge befragte Teddy äußerte die Vermutung, dass es sich bei den Fahrern um richtige Leuchten handeln müsse. Die Ermittlungen laufen.“