Biss vom Bärenbankerl WortklauBÄR

„Ich entschuldige mich“ – „Das geht aber nicht“

Bärli (l.) fragt mich: „Kannst Du
mir verzeihen?“ – „Yes, I can!“

In dieser Woche entschuldigte sich der T-Mobile-Konzern für den bislang größten Ausfall eines Handynetzes in Deutschland. Vor ein paar Monaten entschuldigte sich Noch-Deutsche-Bahn-Chef Mehdorn für die Überwachung praktisch aller Konzernmitarbeiter. Und vor wenigen Wochen entschuldigten sich die Kölner Verkehrsbetriebe nach dem Einsturz des Stadtarchivs mit zwei Toten für eventuelle Versäumnisse beim U-Bahn-Bau. Aber funktioniert dieses Sich-Entschuldigen denn überhaupt? Euer Bryan sagt: Nein, never ever!

Denn – und nehmt bitte mich und den Begriff Entschuldigung beim Wort: Wo kämen wir da hin, wenn sich jeder selbst ent-schuldigen könnte?! Jemanden entschuldigen kann logischerweise allenfalls derjenige, der um Entschuldigung gebeten wird. Also ich finde das ja Klasse, endlich habe ich mal was zu entscheiden: Entweder ich nehme die Bitte um Entschuldigung an oder ich entschuldige den „Frevler“ eben nicht. Wer immer es ernst und ehrlich mit mir und mit seiner Reue meint, der gebe gut auf seine Worte acht. Passt auch Ihr bitte einfach mal genau auf, wer bei Euch wie für seine Verfehlungen beziehungsweise sein Unrecht um Nachsicht, Verständnis oder um Entschuldigung bittet: Sich selbst einen Frei-spruch zu erteilen, das geht einfach nicht, Ihr T-Mobiles und Mehdorns dieser Welt. Ist aber halt viel praktischer für Euch: Das Risiko, nicht entschuldigt zu werden, ist mitunter wohl zu groß – da entschuldigt man sich lieber gleich selbst.

Leider fand in Eurem allgemeinen Sprachgebrauch eine unentschuldbare (!) Begriffsverschiebung statt: Das im Grunde völlig unsinnige Ich entschuldige mich ist heutzutage Alltagssprache geworden. Es ist sogar dermaßen üblich, dass nicht einmal mehr der Duden auf den wesentlichen Unterschied zwischen der Floskel vom Sich-Entschuldigen und der ernsthaften Bitte um Vergebung hinweist! Das ist unverzeihlich und für mich ein Grund zum Aus-dem-Fell-Fahren. Dieser Duden weist lediglich darauf hin, dass die von Euch Menschen häufig gebrauchte Formel Entschuldigen Sie vielmals „eigentlich unsinnig“, sprich kompletter Bockmist ist: Denn, so sagt der Duden zu Recht, „man kann einen Menschen zwar vielmals bitten, etwas zu entschuldigen (…), aber nicht von ihm verlangen, dass er etwas vielmals entschuldigt“.

Auch so kann eine Bitte um Entschuldigung (m)aussehen …

Vielleicht macht Ihr es so wie ich: Gegen die Höflichkeitsformel Entschuldigung habe ich natürlich nicht viel einzuwenden: Die Frage „Entschuldigung, wo geht’s denn hier zum Bahnhof?“ klingt auf jeden Fall viel freundlicher als „He, hast du mal ’nen Euro für mich?“ Aber wehe, wenn etwa jemand den Papi stundenlang warten lässt und sich danach mit einem lapidaren „Ich entschuldige mich“ entschuldigen will. Da stößt er bei mir und dem Papi auf Granit!

Wenn der Papi einen Fehler gemacht hat, dann merke ich übrigens an seiner Formulierung ganz genau, wie ernst es ihm mit der Einsicht und dem Bereuen ist. Als kleines Beispiel:
1. „Entschuldigung, ich konnte nicht anders“,
2. „Entschuldigen Sie, aber ich konnte nicht anders“,
3. „Ich bitte Sie um Entschuldigung, ich konnte einfach nicht anders“ und
4. „Ich bitte Dich herzlich um Verzeihung, aber ich konnte nicht anders.“

Na ja, so in etwa haut das Schema doch hin. Oh, und jetzt kniet der Papi vor mir nieder, streckt mir die Hände entgegen und schaut mich flehend an: Was um Himmels willen darf ich ihm denn jetzt wieder vergeben? Wahrscheinlich etwas zu viel Theatralik. Dabei hätte der Mehdorn gar nicht so weit gehen müssen wie der Papi: Ein wenig mehr Anstand und Einsicht bei der Frage nach Verantwortung und Schuld hätten mir vollauf genügt. Für diese Ansicht bitte ich Euch ausdrücklich nicht um Entschuldigung!