Ein
großer Greifvogel mit kräftigem Hakenschnabel, befiederten Läufen und starken Krallen würde sich sicher wundern, wenn Ihr Menschen ihn weit oben auf einem schönen Schanzenturm auf einen Balken setzen, ihn dort auf ein Startsignal warten, danach mit seinen starken Krallen die Spur hinuntersausen lassen – und ihn nach dem Absprung auch noch nach rund 143,5 Metern zur Landung überreden wolltet. Freilich, einen Menschen, der Ähnliches vollbringt, den nennt Ihr gleich einen
„Adler“. Um aber auf die genannten 143,5 Meter zurückzukommen: Das sind die derzeitigen Rekordsprungweiten sowohl auf der Schattenbergschanze in Oberstdorf als auch auf der Großen Olympiaschanze in Garmisch-Partenkirchen. Und damit bin ich bereits mittendrin im sportlichen Geschehen dieser Tage. Ja, auch für
Bärli (siehe das etwas ältere Foto rechts!) aus der Bärenrunde ist die Zeit wie im Flug vergangen und die mittlerweile 62. Vierschanzentournee hat bereits begonnen!
Liebe Freunde, ich habe Euch ja schon an anderen Stellen (ausgiebig in
„Im Fieber der vier Schanzen“ – daher kennt Ihr vielleicht zwei der hier verwendeten Bilder – und kurz gefasst in
„Am Sonntag, dem 11., war Freitag der 1.!“) erzählt, dass der Papi und ich uns seit vielen Jahren während der Vierschanzentournee vor dem Fernseher geradezu verschanzen. Weil eben die Skispringer nicht erst seit Sven Hannawald für uns ganz besondere und meist sehr sympathische Menschen sind – und Jahr für Jahr kommen bekanntlich neue hinzu. Spannend!
Über die traditionsreiche Geschichte, das umfangreiche Regelwerk und auch die zunehmende Kommerzialisierung der Vierschanzentournee könnt Ihr ausführlich im Onlinelexikon
Wikipedia nachlesen. Eine Besonderheit dieser bedeutenden Weltcupveranstaltung will ich Euch aber doch kurz vorstellen, nämlich das 1996/1997 eingeführte
K.-o.-System. In den „normalen“ Skisprung-Weltcupwettbewerben kommen von den qualifizierten 50 Springern des ersten Durchgangs die besten 30 in den zweiten Durchgang. Anders bei der Vierschanzentournee: Die für den ersten Durchgang qualifizierten 50 Springer werden in 25 Paare eingeteilt, deren Springer nun jeweils gegeneinander antreten. Dabei fängt der 26. der Qualifizierung an und springt gegen den 25. der Qualifizierung, es folgt der 27. gegen den 24. und logischerweise am Ende der 50. gegen den 1.. Die Qualifizierung ist also wichtiger als sonst, da sie nicht nur über die Teilnahme am Springen entscheidet, sondern weil die dort erreichte Platzierung das entsprechende Duell für den ersten Durchgang festlegt. Die 25 Sieger dieser Duelle kommen direkt in den zweiten Durchgang, zudem aber auch die fünf besten Verlierer, die
Lucky Loser. Somit starten im zweiten Durchgang wiederum 30 Springer.
Seit
meinem ersten Vierschanzen-Artikel (veröffentlicht genau vor vier Jahren) gibt es neue Wind- und Gateregeln, die den sportlichen Wettkampf gerechter und „einfacher durchführbar“ machen (sollen). Bei den im Regelfall insgesamt acht Wettkampfsprüngen einer Tournee kommt es am Ende ja auf eine möglichst hohe Gesamtpunktzahl an. Diese Punktzahl setzte sich bislang aus den erzielten Sprungweiten und der dabei gezeigten Haltung zusammen. Seit der Saison 2010/2011 kommen nun ein Wind- und gegebenenfalls ein Gatefaktor hinzu. Ohne es zu kompliziert zu machen: Der
Windfaktor gleicht etwaige Änderungen der Windverhältnisse zwischen den einzelnen Sprüngen aus. Der
Gatefaktor wiederum ermöglicht es, die Anlauflänge mitten im Wettbewerb zu ändern, ohne den Durchgang neu starten zu müssen: Wird beispielsweise der Aufwind stärker, was grundsätzlich segensreich für eine große Sprungweite ist, lässt sich der Anlauf einfach verkürzen und die nachfolgenden Springer bekommen Punkte gutgeschrieben. Allgemein wird anerkannt, dass das neue System zu objektiveren Ergebnissen führt – allerdings lassen sich die äußeren Einflüsse einer Freiluftsportart niemals komplett ausgleichen.
Ganz neu in diesem Jahr ist eine auch für die Stadion-Zuschauer und den Springer sichtbare lasergesteuerte grüne Führungslinie, die sogenannte
Best-to-beat-Linie. Sie zeigt an, wie weit der Athlet springen muss, um in Führung zu gehen. Zwölf Jahre alt dagegen ist
Sven Hannawalds Angst, jemand könne seinen legendären Triumph wiederholen. Doch diese Angst findet Euer Bryan so unnötig wie einen Kropf, weil Sven für immer und alle Zeiten
der Erste gewesen sein wird, der alle vier Springen einer Tournee gewonnen hat. Irgendwann wird er in Gottes Namen halt nicht mehr
der Letzte gewesen sein, dem das gelungen ist!
Der Schweizer
Simon Ammann hat am vergangenen Sonntag das erste Springen der 62. Vierschanzentournee in Oberstdorf gewonnen, vor dem netten Norweger
Anders Bardal. Simon (32 Jahre alt) und Anders (31) würden beide sehr gerne endlich mal als Tournee-Gesamtsieger dastehen ... Zu den anderen Favoriten für diesen prestigeträchtigen Gesamtsieg zählen sicher und nach wie vor der Tiroler
Gregor Schlierenzauer (wird am 7. Januar/Jänner 24 Jahre alt) und der Pole
Kamil Stoch (26). Für mich zählt auch der Kärntner
Thomas Morgenstern (27) dazu!
Nach allem, was ich so höre, kümmert sich Euer erfahrener
Bundestrainer Werner Schuster fair und sehr engagiert um seine große Skisprung-Mannschaft, sowohl um die alten Adler-Hasen (Martin Schmitt nimmt zum 18. und wohl letzten Mal an einer Vierschanzentournee teil!, Michael Neumayer) als auch um die Adler-Küken (Andreas Wellinger, Marinus Kraus und andere). Auch einige andere deutsche Skispringer will ich hier noch nennen, etwa den mittlerweile im Schwarzwald ansässigen, in Sachsen-Anhalt geborenen und ab dem 10. Lebensjahr in Thüringen aufgewachsenen
Andreas Wank (mein lieber Freund Bärli ist ein echter „Wanki“-Fan und hat deswegen sogar einen 1.780 Meter hohen Aussichtsberg nahe Garmisch-Partenkirchen nach ihm benannt ...), den nach längerer Verletzung hoffentlich wieder fitten
Richard Freitag und natürlich den Severin Freund. Achtgeben werden der Papi und ich auch auf den 17-jährigen Sebastian Bradatsch, der in Garmisch-Partenkirchen brandneu ins deutsche A-Team rücken wird: hoffentlich eine Nachwuchshoffnung, die wir uns merken „müssen“! Zur weiteren und allgemeinen Information über das Skisprung-Geschehen empfehle ich Euch gern die Website
www.skispringen.com.
Abschließend nun die ausstehenden
Termine der 62. Internationalen Vierschanzentournee im Fernsehen und gleichzeitig vor Ort:
2. Station
Garmisch-Partenkirchen (Große Olympiaschanze): die Qualifikation am 31.12.13 ab 13.45 Uhr, das Neujahrsskispringen am 01.01.14 ab 13.45/13.55 Uhr (jeweils ZDF/ORF eins);
3. Station
Innsbruck (Bergiselschanze): die Qualifikation am 03.01.14 ab 13.50/13.55 Uhr, der Wettbewerb am 04.01.14 ab 13.50 Uhr (jeweils ARD/ORF eins);
4. Station
Bischofshofen (Paul-Außerleitner-Schanze): die Qualifikation am 05.01.14 ab 16.20/16.25 Uhr, das Dreikönigsspringen am 06.01.14 ab 15.35/15.30 Uhr (jeweils ZDF/ORF eins).
Bitte drückt auch Ihr wieder allen Springern die Daumen, auf dass kein Unfall geschieht! Denn zu Eurer freundlichen Erinnerung: Die Schanze in Bischofshofen ist nach dem am 3. Februar 1925 geborenen
Paul Außerleitner benannt, einem der Pioniere des Skispringens in Österreich. Im Training für das Dreikönigsspringen am 5. Januar/Jänner 1952 verletzte sich der 26-jährige Paul so schwer, dass er vier Tage später an den Folgen seines Sturzes verstarb. „Um das Andenken dieses bescheidenen und aufrechten Sportlers zu ehren, wurde die Schanze, die ihm alles bedeutet hatte, in ‚Paul-Außerleitner-Schanze‘ umbenannt.“ (Zitat von der Website des Skiclubs Bischofshofen) – –
Eines gilt auch dieses Mal: Wenn der Papi beziehungsweise das ZDF selbst gleich nach dem großen Konzert der Wiener Philharmoniker nach Garmisch-Partenkirchen schaltet, dann weiß ich: Wir schreiben tatsächlich den 1. Januar 2014.
Guten Rutsch und Flutsch!