Worte im Wind

Kennt Ihr den Raistinger Bärendom?

Hier hat der Papi ihn vom gegenüberliegenden Ufer aus fotografiert.

„Durch Raisting fließt ein Flüsschen, dort geb ich Dir ein Küsschen“, flüsterte ich neulich meinem Prinzchen zärtlich ins Ohr. Doch Prinzchen raunzte nur zurück: „Durch Raisting fließt ein Bach, Du hast gelogen, ach!“ Erst das Nachschlagen unter www.wikipedia.de hat ihn besänftigt und überzeugt: „Die Rott ist ein kleiner Zufluss des Ammersees. Sie entwässert den Zellsee, fließt durch Raisting und mündet in der Nähe von Dießen in den Ammersee.“ Aber darum geht’s hier ja gar nicht!

Es geht vielmehr um eine kleine Kapelle, die nur wenige Meter vom Ufer der besagten Rott entfernt steht. Ihr findet dieses Kapellchen rechter Hand am Straßenrand, ungefähr 700 Meter nach dem Ortsausgang von Raisting Richtung Dießen. Eine Inschrift an der 1925 eingeweihten Kapelle bewegt die Herzen – zumindest die von mir und dem Papi. Es steht dort geschrieben:

Frohgemut trägst du den Wandrer,
o Brücke, von Ufer zu Ufer.
Trag’ ihn einst, Brücke der Zeit,
heil an der Ewigkeit Strand!

Für Euch ist’s nur eine
kleine Kapelle, für mich
der Raistinger Bärendom!

Die schmale Brücke freilich, die einst mit diesem Sinnspruch bedacht worden war, die gibt es längst nicht mehr. Sie ist durch eine viel breitere an anderer Stelle ersetzt worden; nur ihre Pfeiler stehen noch im plätschernden Wasser der Rott. Demnächst wird wohl der seinerzeit begradigte Flüsschenlauf renaturiert, dann werden auch die letzten Brückerlreste verschwunden sein.

Der Papi und ich, wir lieben ja seit je schöne Brücken und Gedenkstätten. Und jenes kleine Raistinger Kapellchen hat Euer Bryan spontan „Bärendom“ getauft (offiziell ist es natürlich die Rott-Kapelle). Doch seine in Stein gemeißelte Inschrift bewegt uns zudem auf eine spezielle Weise und wir werden beide sehr sentimental: War es denn wirklich Zufall, dass der Papi zu einer ganz besonderen Zeit zum ersten Mal vor dieser Gedächtniskapelle stand? Als nämlich klar war, dass ein uns sehr lieber Mensch schon sehr bald die Brücke in die Ewigkeit beschreiten würde?

Tja, so rühren also einige Worte des damaligen Raistinger Dorfpfarrers Johannes Tremel (1869 bis 1935) mein Bärengemüt. Hätte ich wirklich nicht gedacht!