Biss vom Bärenbankerl TV: TeddyVision

Aus dem Hintergrund müsste LAHM schießen

Eine liebe Freundin vom Papi hat neulich bei ihm nachgefragt, ob ich nicht wieder etwas zur Fußballweltmeisterschaft schreiben könne. Oh, das war so ein Ansporn für mich! Sofort hab ich dem Papi zärtlich in die linke Schulter gebissen und ihn um Hilfe beim Recherchieren gebeten.

Ihr wollt mich mal vollmundig und praktisch zugleich erleben? Das Bild lässt sich auch 2018 verwenden!

Ja gewiss, schon seit dem 12. Juni haben auch wir fußballbegeisterten Teddybären uns so manche Nacht um die Ohren geschlagen. Und wie vor vier Jahren – seht bitte meinen damaligen Beitrag „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen“ – verabscheuen wir nach wie vor grimmige Krieger, brachiale Brocken und ruppige Rowdys: Wir nehmen das FußballSPIELEN nämlich ERNST und machen uns meistens einen Spaß daraus, einfach DIE Nationalelf mit den schönsten Häschen anzufeuern. Allerdings sind wir uns in der Bärenrunde oft uneins darüber, wer nun am schönsten hoppelt, Haken schlägt, kullert, sich durch die Haare streicht, lächelt oder auch am mitfühlendsten weint. Ihr seht aber hoffentlich, was uns Bären wirklich wichtig ist! Am Rande einer dieser heißblütigen Debatten konnten wir übrigens unseren lieben Bärli davon überzeugen, dass der Plural von Elf gar nicht wie von ihm vermutet zweiundzwanzig ist, sondern tatsächlich „Elfen“ heißt. Das kann man aber tatsächlich leicht mit denjenigen Elfen verwechseln, die zumindest in Eurer Welt der Sagen und Märchen als zarte, anmutige Naturgeister unterwegs sind. Leider sind nicht alle Elfen jenen Elfen gleich: Manch heißer Beißer fegte in Brasilien in Schulterhöhe über den Platz (anstatt hochkant von ihm zu fliegen. Na, immerhin hat besagter Flegel inzwischen öffentlich um Entschuldigung gebeten).

Verdammungswürdig wie jedes brutale Foul ist vieles an dieser Fußballweltmeisterschaft, aber ich will zum Beispiel fast überhaupt nichts zur FIFA und ihrer Vergabepraxis schreiben. Ich jedenfalls vergebe diesem Verein vermutlich bestechlicher alter Männer nicht! Genauso unerfreulich wie vor vier Jahren sind die vielen falschen Entscheidungen der Schiedsrichter. Sie sehen mal nichts und mal erst recht nichts – oder sie werfen nach Lust und Laune mit gelben und roten Karten um sich. Deswegen fand ich den Papi mitten in der Nacht so manches Mal auf einer Palme!

Auf unserer Bärencouch verfolgen Prinzchen und ich fast jedes Spiel!

Wer hat das eigentlich erfunden, dass man die Spieler und Trainer sowohl nach todlangweiligen als auch nach nervenzerfetzenden Spielen unbedingt vor der TV-Kamera befragen muss? Wenn der Papi nach einer anstrengenden Radtour grad nach Hause gekommen ist, lasse ich ihn doch auch erst mal in Ruhe duschen. Und nur wenn es ihm zusätzlich behagt, frage ich ihn – natürlich fundiert – zum gerade Erlebten aus. Aber die Fragen der Reporter nach so einem Fußballspiel – da würde jeder Bär aus dem Fell fahren und der Per fährt eben aus der Haut (falls Laien unter uns sind: gemeint ist der sympathische und faire deutsche Innenverteidiger Per Mertesacker, der hoffentlich nicht nur durch sein ZDF-Interview zur Legende werden wird …)!

Vor, während und nach so einem Spiel wollen immer alle Fußballexperten mit all ihrem Wissen glänzen. Mal langweilen sie damit meine Bärenfreunde und mich ungehörig, mal nerven sie den Papi gehörig … Überhaupt – und das erscheint Eurem Bryan im Jahr 2014 weit schlimmer zu sein als 2010 – werden wir alle mit Daten überflutet, ein Strom an Informationen, der doch nicht nur jedes Bärenhirn überschwemmt, oder? Neun oder gar zwanzig verschiedene Kameraperspektiven könnten mir also genau zeigen, welcher Spieler in welcher Hundertstelsekunde seine linke Fußzehe etwas zu heftig nach rechts bewegte – dabei wollte ich doch nur Cristiano Ronaldo lächeln sehen! An dieser Stelle meine kleine Bärenhymne auf den portugiesischen Weltstar: Sicher wirkt „CR7“ (okay, das ist jetzt nichts für Outsider …) oft selbstverliebt und arrogant, aber nach übereinstimmenden Berichten vieler seiner Mitspieler und von mir ist Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro (so sein vollständiger Name) in Wahrheit ein rücksichts- und gefühlvoller, bescheidener und seit langer Zeit sozial engagierter Mensch. Er besucht krebskranke Kinder im Krankenhaus, zahlte schon oft für Operationen wildfremder kranker Kinder, ist seit Anfang 2013 als globaler Botschafter der Kinderrechtsorganisation Save the Children tätig. Und im November 2012 ließ Cristiano einen seiner Goldenen Schuhe versteigern und spendete den Erlös (1,5 Millionen Euro) an Hilfsprojekte für palästinensische Schulen in Gaza. Er denkt also offensichtlich weit mehr über die Welt nach, als es für die meisten von uns den Anschein hat. Oder kurz gesagt: Ich mag ihn! Doch zurück zu dieser ganzen Datenflut, bei der Folgendes gilt: Erst wenn sich in ARD und ZDF Mehmet Scholl und Oliver Kahn zu Wort gemeldet haben, weiß endlich auch ich, was ich grad gesehen habe … (zwinker, zwinker)

Leider ist Brasilien ziemlich unverdient in die Finalrunde gekommen. Von dieser Endrunde konnten etwa die Teams von Spanien, Italien und England am Ende nur träumen. Die stolzen Spanier lagen gar mit eins zu fünf Toren vor den Niederländern auf den Knien, ein echter Hader-Kader. Doch apropos Niederlande: DIE Robben denken sich wohl öfter: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“ DER Robben denkt sich vermutlich: „In diesem Sommer mache ich viele Schwalben.“ Und obwohl mir Herr Robben an sich recht sympathisch ist – ich finde, er sollte sich schämen und gerade als Vater seinen drei Kindern unbedingt ein ehrlicheres Vorbild sein. Booiiinng! Ach, und für die tapfere Schweiz unter ihrem legendären Trainer Ottmar Hitzfeld war im Achtelfinale gegen Argentinien Schluss. Aber nun will ich von Xherdan Shaqiri und Arjen Robben schnell, kurz und passgenau zu vier der anfangs erwähnten Häschen kommen …

In einer Halbzeitpause zeigt Bärli zufrieden seine neueste Kaktusblüte: „Du Papi, ich tanz dir
ja viel zu nah vorm Objektiv herum. Aber Hauptsache, die Blüte ist scharf, gell?!“

Als größte Entdeckung dieser Weltmeisterschaft könnte auch in hundert Jahren noch der Stürmer James Rodriguez gelten. Der bald 23-jährige Kolumbianer (am 12. Juli, einen Tag vor dem großen Finale, feiert er Geburtstag) ist der neue Nationalheld seines von jahrzehntelangen Unruhen und Drogenkriegen erschütterten Landes. Der kleine James (bitte nicht englisch, sondern spanisch „Chames“ aussprechen!) verlor seinen geliebten Onkel im Kugelhagel der Drogenmafia und verließ mit 14 Jahren sein Zuhause. Sein Traum: ein Fußballprofi zu werden. Mit 15 spielte er in der ersten kolumbianischen Liga, mit 18 wurde er argentinischer Meister. Es folgten drei portugiesische Meisterschaften mit dem FC Porto, im letzten Jahr wechselte er für 45 Millionen Euro zur AS Monaco. Sein Traum ist wahr geworden, aber immer noch wirkt James Rodriguez eher wie ein schüchterner Balljunge. Der kleine Mann mit den schmalen Schultern gilt als technisch perfekt, läuferisch stark und ungemein treffsicher … und ja, wenn er denn doch mal grätscht, dann wenigstens astrein. Seine Tore beschreiben selbst die Fachleute als „pure Magie“ und „funkelnde Momente“ – am meisten rührt es mich aber, dass James nach diesen Treffern immer seinen Arm küsst und damit seine kleine Tochter in der fernen Heimat grüßt. Verheiratet ist er mit der Volleyballspielerin Daniela Ospina, der Schwester des kolumbianischen Nationaltorwarts.

Auch ein belgischer Fußballspieler mit kenianischen Wurzeln (wie erdverbunden das immer klingt!) wird von mir aufmerksam beäugt. Es ist der am 18. April 1995 in Oostende geborene Divock Origi. Dieser Stürmer steht derzeit beim französischen Erstligisten OSC Lille unter Vertrag. Nun, viel mehr steht im Onlinelexikon Wikipedia noch nicht über Divock drin, da hilft also nur Anschauen! Vor vier Monaten kannte ihn angeblich noch kein Mensch, heute glänzt er auf www.hallohierbryan.de und als Star der belgischen Nationalmannschaft, die ohne ihn wohl nicht im Viertelfinale stünde.

Ein leistungsorientierter Namensvetter von mir begeistert die gesamte Bärenrunde, obwohl (oder etwa weil?!) er anders als ich inzwischen angelegte Ohrläppchen hat: Bryan Ruiz. Der am 18. August 1985 geborene Costa Ricaner ist zwar schon ein etwas älteres Häschen, hat dafür aber alle wertvollen Tricks und Kniffe auf Lager. Bereits seit 2006 reißen sich europäische Fußballclubs um den begnadeten Angreifer, zweimal wurde er bislang zum Spieler des Jahres gewählt. Seit 2011 steht Bryan Ruiz beim englischen FC Fulham unter Vertrag, seit Januar 2014 ist er aber an den niederländischen Verein PSV Eindhoven ausgeliehen. Bei dieser Weltmeisterschaft schoss er sehr wichtige Tore für Costa Rica, und hauptsächlich wegen ihm scheiterte Italien in der Vorrunde – ach ja, und keiner leidet so schön wie Bryan, wenn es fußballerisch mal nicht klappt.

Christoph Kramer ist wohl eines der größten deutschen
Fußballtalente – die 23 weiß hoffentlich immer, wo es langgeht!
(Foto gefunden auf einer Facebook-Fanseite)

Ähnlich spät wie Divock Origi stieß ein deutsches Nachwuchstalent zu seiner Nationalmannschaft: Nach einem ersten Spiel in der A-Nationalelf am Vortag wurde erst am 14. Mai 2014 der Solinger Christoph Kramer in den vorläufigen deutschen Kader berufen. Im Achtelfinale gegen Algerien (Endstand 2:1 nach Verlängerung) gab er in der 109. Spielminute sein WM-Debüt. Christoph wurde am 19. Februar 1991 geboren. Er steht bis 2017 bei Leverkusen unter Vertrag, ist derzeit jedoch an den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach ausgeliehen. Als defensiver Mittelfeldspieler überzeugte er vor der Weltmeisterschaft den deutschen Bundestrainer Joachim Löw von seinen Qualitäten. Auch wir in der Bärenrunde sind fasziniert von seiner Ausnahmeerscheinung und werden hoffentlich noch viel von Christoph Kramer hören, etwa bei den Fußballweltmeisterschaften 2018 in Russland (so kalt), 2022 in Katar (so heiß), 2026 und 2030 (so fern).

In diesem Augenblick ist übrigens noch jeder dieser vier Racker im Spiel. Das macht eventuell auch Euch Lust auf einen virtuellen Stadionbesuch … Vielleicht gibt es während der TV-Übertragungen ja auch bei Euch feste Rituale wie bei uns Bären. Wann immer etwa jemand (angeblich) im Abseits steht, wandelt Bobby auf den Tonspuren von Diana Ross: „ABSEITS down, boy, you turn me / inside out, and round and round“. Und die Bärenrunde geht mit viel Gefühl auf so manche Reporteräußerung ein: „Hier sieht man seine ganze Klasse“ (diese Schulkameraden im Stadion will Bärli dann immer sehen!), „Auch die brasilianische Fußballlegende Pelé schaut zu“ (beim Anblick der jungen Frau an dessen Seite ergänzt Serafino freundlich: „… und seine Begleiterin, die Pelérine“) oder „Müller schießt – und Toooooor“: als nahe Thomas Müllers Heimatort wohnende Teddys schreien wir statt dieser vier Worte immer nur ein einziges: „PÄHL!“

Nun wünschen der Papi und ich Euch allen noch genau acht spannende Partien. Am besten mit Freude und Freunden genießen! Hm, vielleicht müsste Philipp Lahm endlich mal aus dem Hintergrund schießen …